Saturday, February 20, 2010

«Die Araber haben Öl und wir das Zündholz»


Israelische Stimmen zum Attentat in Dubai

«Die Araber haben Öl und wir das Zündholz»

Die israelischen Medien sind mehrheitlich der Meinung, dass der Geheimdienst Mossad für das Attentat in Dubai verantwortlich sei. Es hagelt deshalb Kritik gegen die Regierung und den Mossad-Chef.

Währenddem die israelische Regierung die Verantwortung für das Attentat bestreitet, glauben nur ganz wenige im Lande an die Möglichkeit, dass hinter der Ermordung des hochrangigen Hamas-Funktionärs, Mahmud Abdel Rauf el Mabhuh, eine andere Organisation als der Mossad steckt.Anfänglich begrüsste die israelische Öffentlichkeit die „Liquidierung“ mehrheitlich. Erst diese Woche, als die Polizei in Dubai ihre Befunde veröffentlichte, gab es eine Welle der Empörung, die am schärfsten in der liberalen Zeitung „Ha’aretz“, samt ihren Militär- und Geheimdienstexperten, zum Ausdruck kommt. Letztere funktionieren in der Regel als Sprachrohr kritischer Strömungen innerhalb des Sicherheits-Establishments.
Kritisiert wurde u.a. der vermutet rücksichtslose Gebrauch der Identität von sieben ahnungslosen israelischen Doppelbürgern für die gefälschten ausländischen Pässe, die die Killer benutzten, wodurch unbeteiligte Staatsbürger unnötig in Gefahr gebracht worden seien. Ha’aretz reichte deshalb eine Beschwerde beim Generalstaatsanwalt ein, blitzte jedoch ab.
Die Verwendung von Daten israelischer Doppelbürger gilt als Hinweis auf die Attentäter, obwohl nicht nur israelische Ämter Zugang zu relevanten persönlichen Daten haben, sondern auch beispielsweise die britischen Behörden, Fluggesellschaften usw.
Ein weiteres Indiz auf die Identität der Killer lieferte in Ha’aretz die Maskenbildnerin der israelischen Oper, Anat Yaron, die die Verkleidung der Agenten analysierte. Sie kam zum Schluss, dass professionelle Arbeit geleistet worden sei und ein Laie die Tarnung nicht durchschauen könne. Als Profi sieht sie hinter der Verkleidung bei einigen Killern zudem typische israelische Merkmale. Um in der Körpersprache gewisser Attentäter israelische Eigenschaften zu erkennen, braucht man als Israeli kein Experte zu sein.
Kritisiert wird in Israel auch die Schlampigkeit, die bezüglich der Entdeckungsgefahr durch moderne Überwachungsmethoden wie Videokameras in Hotels oder das Einscannen von Pässen in Flughäfen demonstriert wurde. Zu allem Überfluss grinst eine Agentin triumphierend in eine Überwachungskamera.
Aber auch Sinn und Unsinn solcher Exekutionen wird in Frage gestellt. Aluf Benn, Ha’aretz-Hauptkommentator, sieht das Attentat als Eskalation im kalten Krieg zwischen Israel und Iran und zitiert einen alten israelischen Spruch: «Die Araber haben Öl und wir das Zündholz».
Der Militär- und Geheimdienstexperte Amir Oren verlangt in derselben Zeitung den Kopf des Mossad-Chefs, Meir Dagan. Die siebenjährige Amtsperiode dieses brutalen Haudegens und Vegetariers wurde letzten Herbst um ein weiteres Jahr verlängert. Amir wirft dem sehr mächtigen Mann Überheblichkeit und gravierende Fehleinschätzungen vor dem Irakkrieg 2003 und die Unterschätzung der Protestbewegung und deren Bedeutung im Iran vor. Der Liebhaber deftiger Witze ist für den Ha’aretz-Experten schon viel zu lange an der Macht. Sowohl intern, als auch im Staatsapparat im Allgemeinen dulde er keinen Widerstand.
Der 65-jährige Dagan errichtete 1970 auf Befehl von General Ariel Scharon, dem damaligen Chef des südlichen Armee-Abschnitts, eine Killer-Spezialeinheit namens Rimon ein, die im Gazastreifen wütete. Nach seiner erfolgreichen Armee-Karriere, die ihn Ende der 90-Jahre zum Oberkommando brachte, leitete er 2001 die Wahlkampagne seines ehemaligen Befehlshabers Scharon als Likkud-Führer. Ein Jahr später revanchierte sich der gewählte Premier und ernannte ihn zum Mossad-Chef.
Scharon soll über Dagan gesagt haben: «Meirs Spezialität ist das Köpfen von Arabern.» Ein anderer Bekannter Dagans beschreibt diesen so: «Er ist zielstrebig ohne moralische Hemmungen.» Da Scharon von Dagans politischen Analysen nicht viel hielt und ihn lediglich als kompetenten Handlanger betrachtete, konnte sich Dagan nicht richtig entfalten. Erst als Ehud Olmert das Premier-Amt übernahm, kam seine grosse Stunde. Da er 2006 gegen den von der Armeeführung eingeschlagenen Kurs im Libanon gegen die Hizballah war und sich seine Kritik in den Augen auch der staatlichen Untersuchungskommission später als richtig erwiesen hatte, wuchs sein Ansehen und er genoss unter Olmert praktisch freie Hand (Dagan sagte im Sommer 2006, Israel solle entweder mit massiven Bodentruppen den Libanon invadieren oder eine politische Lösung erreichen. Seiner Meinung nach sei eine diplomatische Lösung sofort möglich gewesen).
Nach seiner Amtsübernahme reorganisierte Dagan den Mossad und setzte das Schwergewicht auf operative Einheiten und weniger auf das Sammeln von Informationen. Er erzielte einen massiven Ausbau des Budgets und des Personals – eine Erfolgsstory. Wegen der jetzigen Dubai-Affäre gerät der allmächtige Dagan aber gehörig unter Druck. Seine Verteidiger in den Medien, wie der Militärexperte des Staats-TV, Yoav Limor, meinen, sowohl das Anhimmeln seiner Person, als auch die heutige Überreaktion gegen ihn sei völlig daneben und übertrieben.
Sollte es Dubai gelingen, Dagan auf die Interpol-Liste gesuchter Krimineller zu hieven, würde er sogar für die israelische Regierung zu einer untragbaren Belastung.

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